Ungarn – auf dem Weg in die Diktatur
In Ungarn ist das Parlament vorerst geschlossen. Die Notstandsgesetzgebung gilt bis auf Widerruf – durch das Parlament, das nicht mehr tagt. Nebenbei wird auch noch die Meinungsfreiheit bedroht durch ein Gesetz, das die Verbreitung falscher Nachricht unter Strafe stellt.Abenteuerliche Veränderungen des Wahlrechts in Polen
Die Opposition kritisiert zurecht, dass die Präsidentschaftswahlen immer noch nicht abgesagt wurden. Während der Präsident durchs Land zieht (und dies von den mittlerweile auf Linie gebrachten Medien gefeiert wird), haben die anderen Kandidaten keine Chance.Dann die Ideen zur Verdrehung des Wahlrechts. Um sie angeblich zu schützen, sollte das Recht auf Briefwahl nur für über 60jährige eingeführt werden – wohlwissend, dass diese treue Wähler/innen der PIS sind. Neuerster Clou: Die Amtszeit des Präsidenten soll verlängert werden, die Wahl damit gleich um zwei Jahre verschoben werden.
Die Reaktionen der EU – feige und ausweichend
Die Kommissionspräsidentin von der Leyen hat einen Tweet einige Punkte erwähnt, die eigentlich selbstverständlich sein sollten:Notfallmaßnahmen dürfen nicht grundlegende Prinzipien verletzen, freie Medien sind wichtig, Rechtssicherheit und Meinungsfreiheit. Erstaunlicher ist, was sie nicht erwähnt hat: Um wen es geht, nämlich hanebüchene Gesetze von Polen und Ungarn, die diktatorische Tendenzen haben und – das ist der Gipfel – keine konkreten Gegenmaßnahmen. Kein Wunder, dass sich die Herrschenden in Polen und Ungarn ins Fäustchen lachen.
Matthias Kolb bekommt es in einem Kommentar in der Süddeutschen über von der Leyen auf den Punkt: "Corona-Krise hin oder her: Sie darf sich nicht wegducken, wenn der Kern der EU bedroht ist, nämlich Rechtsstaat, demokratische Kontrolle und Medienfreiheit."
Entschlossenes Handeln
Der ungarische Politologe Daniel Hegedüs fordert im SPIEGEL (nur im Abo)ein entschlossenes Handeln:
- Die EU muss endlich verurteilen, dass EU-Grundwerte schwerwiegend verletzt werden.
- Die Europäische Volkspartei muss die Orban-Partei Fidesz rausschmeißen
- Die EU muss finanziellen Druck aufbauen
- Durch Diplomatie und rechtliche Schritte müssen die Verstöße geahndet werden.
Am Ende macht Orbán, was er will, und kommt damit durch
Ähnlich wie viele Kommentator*innen bin ich skeptisch: Bis jetzt ist Orban immer durchgekommen und es spricht einiges dafür, dass er es wieder schafft. Verräterisch auch der Verweis auf das Totschlagargument „Es gibt Wichtigeres“, das von der Leyen und Kramp-Karrenbauer genutzt haben.„Der Ungar darf zuhause über die Stränge schlagen, solange der in Brüssel halbwegs kooperativ bleibt“ so Krupas Fazit in der ZEIT. " Es ist Zeit dies zu ändern, "sonst fällt dem Kampf gegen die Pandemie am Ende noch Europas Demokratie zum Opfer." wie es Stephan Israel im Tagesanzeiger befürchtet.