Dienstag, 9. Juni 2020

Kein Leben ist weniger wert - gibt es einen Konflikt der Generationen?

In den nächsten Beiträgen geht es um den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Heute beginne ich mit der Frage, wie sich die Corona-Krise auf die Generationen und das Verhältnis zwischen den Generationen auswirkt. 

Generation Corona: Jung, motiviert – abgehängt?

Der SPIEGEL widmete der Jugend eine Titelgeschichte und zeigte die besondere Betroffenheit der Generation.
Junge Menschen unterschiedlichen Alters sind betroffen: in der Schule, bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz und im Berufsleben. Außerdem muss die jungen Generation die nun aufgenomme-nen Schulden irgendwann zurückzahlen.  Für den Jugendforscher Klaus Hurrelmann ist klar: "Die Jungen werden das Wohlstandsniveau ihrer Eltern nicht erreichen, es geht für sie ums Halten" - wenn überhaupt.

Dreifache Konfrontation der Generationen?

Andreas Zickle beschreibt in der Süddeutschen Zeitung drei konfliktreiche Themenfelder:
  • Rente: Durch den Generationenvertrag müssen immer weniger Jüngeren müssen für immer mehr Rentner*innen finanzieren
  • Klimawandel: Die Jugend wird die Folgen unseres heutigen Verhaltens ausbaden müssen
  • Corona-Krise: der Ausnahmezustand trifft wirtschaftlich v.a. jüngere Menschen
Daraus schließen einige, dass sich Ältere isolieren sollen, um jüngere Menschen (und die Wirtschaft) zu schützen. Die Debatte gipfelte in den unsäglichen Äußerungen von Boris Palmer, dass einige Opfer eh bald gestorben wären. Dennoch ist die Frage wichtig: Opfern die Jungen ihren Wohl-stand, nur damit die Alten und Kranken ein kleines bisschen länger leben? 

Kein Leben ist weniger wert

Christina Berndt gibt in der Süddeutschen Zeitung mit dem treffenden Titel Kein Leben ist weniger wert eine klare und aus meiner Sicht überzeugende Antwort: Diese Debatte ist moralisch unerträglich - und wissenschaftlich haltlos. Auch wenn das Durchschnittsalter der Verstorbenen hoch ist, gehen Expert*innen von einem Verlust zwischen fünf und 13 Lebensjahren aus. Sie folgert: „Es geht für alle um Gesundheit, um Geld - und um ein möglichst langes Leben in einer Gesellschaft, die in der Krise zusammensteht.“

Individuelle Empfehlungen für Patienten

Natürlich ist eine Debatte notwendig, wie man Menschen aus der Risikogruppen am besten schützt. Wenig hilfreich finde ich aber den Vorschlag, die eine Generation komplett wegzusperren. Überzeu-gender ist der Vorschlag des Soziologen Hans Bertram, für Patienten individuelle Empfehlungen je nach Alter, Vorerkrankung und Konstitution auszusprechen.