Was für eine Enttäuschung
Der Titel des Essays im SPIEGEL vom 11. März spricht für sich. Nils Minkmar beklagt Kleinstaaterei und Konkurrenzdenken, die europäische Solidarität ist ein ferner Traum.Alles nur Sonntagsreden?
Die EU-Staaten schlossen erst mal – unabgestimmt – ihre Grenzen, horteten medizinischen Materials und schauten erst mal auf sich:Wie viele Sonntagsreden wurden zum Lob des großen Projekts gehalten? Wie oft wurde Europa als unser Rezept gegen Nationalismus, Irrationalismus und illiberale Tendenzen beschworen? Aber als es ernst wurde, waren Italien und dann Spanien allein.
Die Flüchtlingskrise ist auch noch da
In der Corona-Krise geht fast unter, dass wir auch noch eine Flüchtlingskrise haben. Auch hier legt Minkmar den Finger in die Wunde.Unterdessen wurde auch schnell mal das Grundrecht auf Asyl außer Kraft gesetzt, auf das sich Flüchtlinge jederzeit berufen dürfen. Ein Schritt, den sich nicht einmal Trump traute. Das war also die berühmte Sicherung der Außengrenzen gegen die Ärmsten der Armen, was für eine Heldentat! Unbewaffnete Zivilisten hart abzuweisen und sie wochenlang in schlimmsten Bedingungen hausen zu lassen ist kein Grund für Heldenrhetorik und eine Schande für Europa.
Der Egoismus gewinnt
Markus Becker beklagt in einem Kommentar auf SPIEGEL ONLINE die zögerliche EU.Die Coronakrise bietet der EU die Chance, ihren Bürgern und ihren Gegnern zu zeigen, was sie kann. Doch die Europäer sind auf dem besten Weg, die einmalige Gelegenheit zu verspielen - wegen des Geldes.
Im Süden wird gestorben, im Norden wird gespart
Die hat mittlerweile gehandelt: Die Schulden- und Defizitregeln wurden ausgesetzt, im Haushalt wurden Milliarden umgewidmet. Aber beim Gipfel wurde wieder mal ums Geld gestritten, während China und Russland Italien beliefert – und sich diesen PR-Sieg nicht entgehen lässt.Ein verstolperter Elfmeter
Dabei wäre durchaus die Chance gewesen, irrlichternden westlichen Partner eine Alternative aufzuzeigen, wie Becker ausführt:Das Tragische daran: Noch nie war es für die EU so leicht wie jetzt, ihre Gegner vorzuführen. US-Präsident Donald Trump und der britische Premier Boris Johnson etwa beweisen gerade eindrucksvoll, dass sie einen Krisenmanager nicht einmal überzeugend spielen können.
Europas Stunde schlägt noch
Stefan Kornelius ist in der Süddeutschen vom 28. März etwas optimistischer: Europas Stunde schlägt noch. Nationalstaaten sind nun mal die handlungsstärksten Institutionen – sie wirken mit Blick nach innen zum Wohl ihrer Schutzbefohlenen.Wenn die Welle über den Kontinent zusammengebrochen ist und der Wiederaufbau beginnt, dann schlägt die Stunde der Gemeinschaft.
Die Hoffnung bleibt
So versuche ich auch in Bezug auf Europa optimistisch zu bleiben. Die Hoffnung habe ich auch durch die Menschen: Krankenhäuser übernehmen Kranke aus dem Elsass, die Bundeswehr hilft in Frankreich. Alles nur Symbole angesichts der gigantischen Probleme, aber manchmal sind auch Symbole wichtig.Beeindruckend auch die Bilder in den Grenzgebieten, die angesichts der geschlossenen Grenzen zeigen: Das darf nur vorübergehörend sein, wir gehören zusammen!